Vibroakutischen
Materialien (VAMM)
Entwicklung der Metamaterialien
Im Jahr 1968 beschrieb der russische Physiker Victor Veselago ein Material mit negativem Brechungsindex, und 1999 konnte David R. Smith dies experimentell bestätigen. Der Begriff „Metamaterial“ wurde für Materialeigenschaften geprägt, die in der Natur nicht vorkommen. Über die letzten 20 Jahre haben sich Metamaterialien in verschiedenen physikalischen Domänen entwickelt. Metamaterialien, z.B. die hier untersuchten Vibroakustische Metamaterialien (VAMM), beeinflussen die Ausbreitung von Wellen. Marktstudien prognostizieren ein enormes Wachstumspotenzial für Metamaterialien. Vibroakustische Metamaterialien (VAMM) sind ein Teilaspekt der akustischen Metamaterialien und beeinflussen die Körperschallausbreitung sowie die Abstrahlung von Strukturen durch negative Interferenz, negative effektive Steifigkeiten oder Massen, in einem vorgegebenen Frequenzbereich.
Vibroakustische Metamaterialien
Schematische Darstellung eines Stoppbands im Frequenzbereich
Vibroakustische Metamaterialien (VAMM) werden zur Kontrolle von Schwingungen in Strukturen eingesetzt, indem sie spezifische Frequenzen unterdrücken. Das Metamaterial fungiert dabei wie ein Bandstopp-Filter, wobei die Ausbreitung mechanischer Schwingungen und Vibrationen im Stoppband-Frequenzbereich erheblich reduziert wird. Die Realisierung von VAMM kann auf dem Bragg-Effekt oder lokalen Resonanzen basieren. Der Bragg-Effekt nutzt die Interferenz von Wellen an einem Kristallgitter, während lokale Resonatoren eine virtuelle negative Masse erzeugen. VAMM können aus verschiedenen Materialien hergestellt werden, einschließlich recycelten oder biologisch abbaubaren Materialien für eine nachhaltige Anwendung. Aktive Metamaterialien bieten Gewichts-, Größen- und Flexibilitätsvorteile, da die Abstimmung der Resonatoren elektronisch erfolgt. Diese Eigenschaften machen sie besonders interessant für den Leichtbau und die Schaffung kompakter Tieftonabsorber, beispielsweise in Lüftungsanlagen. Metamaterialien eröffnet Anwendungsmöglichkeiten für verschiedene und sich ändernde Wirkbereiche.
Auslegung und Optimierung
Auslegungsprozess zur ganzheitlichen Auslegung von strukturdynamischen VAMM
Ein strukturierter Prozess zur Gestaltung von Bauteilen mit vibroakustisch modulierten Metamaterialien (VAMM) wurde entwickelt. Dieser beginnt mit der Analyse der Grundstruktur und Identifikation von Anregungsmechanismen. Die Anpassung der VAMM-Parameter erfolgt unter Berücksichtigung von Wellenlänge und Stoppbandcharakteristik. Die Auslegung basiert auf der Dispersionskurve der Einheitszelle, wobei Stoppbänder als Bereiche ohne oder mit starker gedämpfter Wellenausbreitung identifiziert werden. Durch ein diskretes Feder-Masse-Dämpfer-System für den Resonator werden die notwendigen Parameter festgelegt. Anschließend erfolgt die Entwicklung eines Konzepts und die Erstellung eines parametrisierten Finite-Elemente-Modells. Dies ermöglicht die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Geometrieparametern und den Eigenschaften des Resonators. Die Auswahl eines konkreten Parametersets kann manuell oder automatisch erfolgen, was eine Automatisierung des Auslegungsprozesses ermöglicht. Nach der Optimierung auf Einheitszellenebene wird das Gesamtverhalten bewertet, inklusive der Anzahl und Positionierung der Resonatoren. Methoden zur Modellreduktion (PMOR) kommen zur effizienten Auslegung zum Einsatz, indem sie die Modellgröße reduzieren und eine effiziente Modellauswertung ermöglichen, beispielsweise für Optimierung und Unsicherheitsuntersuchungen.
Serienfertigung
Für die Herstellung von VAMM stehen verschiedene Verfahren aus den Bereichen Kunststoff- und Metallverarbeitung zur Verfügung. 3D-Druck eignet sich gut für Prototypen und Einzelteile, während für Serienfertigung das Tiefziehen von Thermoplasten oder Kunststoffspritzguss genutzt wird. Metallverarbeitung kann mittels Feingusses für Präzisionskleinteile und Druckguss für Großserien erfolgen. Blechteile können durch Stanzen, Wasserstrahl- oder Laserschneiden zugeschnitten und durch Biegen, Tiefziehen oder Rollformen geformt werden. Die Fertigung erfordert oft das Fügen von Elementen, wofür das Kleben als zuverlässiges Verfahren dient. Dabei ist die Auswahl des Klebstoffs entscheidend, um die Schwingungen des Feder-Masse-Dämpfer-Systems nicht zu stark zu dämpfen. Die Fertigungsplanung sollte parallel zur VAMM-Auslegung erfolgen, um Einschränkungen frühzeitig zu berücksichtigen. Umweltfreundliche VAMM-Konzepte, die ohne Zusatzstoffe auskommen und aus dem gleichen Material wie die Grundstruktur bestehen, werden aufgrund von Herstellungskosten und Recycling bevorzugt.
Einsatz vibroakustischer Metamaterialien in einer Fahrzeugtür
Fahrzeugtürdemonstrator mit VAMM; links: Konzept Metall, rechts: Konzept Kunststoff
Vibroakustische Metamaterialien (VAMM) zeigen am Beispiel einer Fahrzeugtür ein vielversprechendes Potenzial zur Schall- und Schwingungsminderung im Automobilbau. Unterschiedliche Resonatorkonzepte wurden in die Tür integriert und auf ihre akustischen Eigenschaften hin getestet. Metall- und Kunststoff-Biegebalken-Resonatoren zeigten eine Pegelreduktion von bis zu 30 dB im Vergleich zu Referenztüren, insbesondere im Bereich der Stoppbänder. Die VAMM-Varianten wiesen eine breitbandige Dämpfungswirkung auf.
Akustische Metamaterialien für einen Schalldämpfer
Das Potenzial von akustischen Metamaterialien als Schalldämpfer in Kanälen wird durch die Anordnung von Einheitszellen mit Resonatoren demonstriert. Periodische Verbunde und insbesondere aperiodische Anordnungen ermöglichen Stoppbänder für eine effektive Schallreduktion. Ein abstimmbares λ/4-Resonator-Prototyp in Rohrform wurde erfolgreich mit einem 3D-Drucker realisiert und zeigt variable Resonanzfrequenzen im Bereich von 200 bis 600Hz. Ein kompaktes Schalldämpferkonzept mit modularen Ringresonatoren bietet Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche akustische Anforderungen. Ein weiteres Konzept, der „Spiralresonator“, zeigt vielversprechende Dämpfungswerte von über 20 dB im Frequenzbereich von 300Hz bis 400Hz.
Aktive Metamaterialien
Ein aktives Metamaterial kann durch Einbringen eines Schallanteils aktiv auf ein Schallfeld einwirken oder passiv durch Anregung der Resonatoren durch das vorhandene Schallfeld Energie entziehen. Die Resonatorstrukturen von aktiven Metamaterialien sind durch Aktoren steuerbar. Aktive Einheitszellen können zentral oder dezentral gesteuert werden. Die Auslegung erfolgt ähnlich wie bei passiven Metamaterialien, mit der Anpassung der Einheitszellen-Impedanz. Die Anwendung in einem Lüftungskanal zeigt die Ausbildung von Stoppbändern im Frequenzbereich von 50Hz bis 500Hz. Eine Resonatorkassette aus aktiven Einheitszellen, gekoppelt mit Helmholtzresonatoren und elektrodynamischen Lautsprechern, weist eine höhere Durchgangsdämpfung als herkömmliche Schalldämpferkulissen auf.